15.S.n.Tr., 28.09.2025, "Vom Wagnis des Glaubens", Mutterhauskirche, Ulrike Heimann

Predigt-Meditation „Vom Wagnis des Glaubens“ 28.9.2025

Einleitung

Um den Glauben geht es in diesem Gottesdienst. Dass es im Gottesdienst um Glauben geht, ist nun nichts Ungewöhnliches. Wird doch in (fast) jedem Gottesdienst ein Glaubensbekenntnis gesprochen oder wie nachher als Lied gesungen.

Aber es geht eben nicht um ein fertiges Bekenntnis, das ich Ihnen vorstellen werde, auch nicht um den richtigen Glauben in Abgrenzung gegenüber falschen Glaubensüberzeugungen. Es geht nicht um hohe Theologie, sondern um das Leben, das uns zu leben aufgegeben ist. Jedem einzelnen von uns. Damit jedes Leben gelingt, braucht es neben Verstand, neben dem Denken, auch das Herz, die Seele, eben den Glauben. Wissen und Glauben, Erkennen und Glauben, Verstehen und Glauben sind untrennbar miteinander verbunden. Sätze wie „Das brauchst du nicht verstehen, das muss man einfach glauben.“ führen in die Irre. Einfach ist Glauben wahrlich nicht. Er ist ein Wagnis, das jeder und jede eingeht, dem es darum zu tun ist, als aufrechter Mensch mit Rückgrat durchs Leben zu gehen, der beides miteinander in Einklang bringen möchte: Verstand und Herz, Geist und Seele, um als ganzer Mensch sich selbst und dem Leben und damit dem Schöpfer treu zu sein.

Im Folgenden will ich anhand von zwei Glaubenszeugen aufzeigen, wie sie dieses Wagnis des Glaubens angegangen sind: Abraham und Jesus von Nazareth.

Hören wir die Verse 1-4 aus dem 12.Kapitel des 1.Buch Mose.

Lesung Gen.12,1-4a

 

Predigt-Meditation I „Abraham: Glauben ~ Aufbrechen/Aussteigen ~ Vertrautes verlassen ~ sich auf Neues einlassen“

Wenn wir diesen Text hören, dann bleiben wir meistens an den Verheißungen hängen, die Gott Abraham macht: dass er ihn in ein neues Land führen wird (aus anderen Textstellen ergänzen wir gerne: wo Milch und Honig fließt) und ihn zu einem großen Volk macht (Überbevölkerung war damals noch kein Thema) und zu einem Segen für alle Völker. Was meistens unter den Tisch fällt, ist das, was von Abraham erst einmal „geleistet“ werden muss, bevor die Verheißungen überhaupt greifen können.

Abraham muss seine Heimat verlassen, sein Vaterhaus, seine sozialen und familiären Beziehungen aufgeben, seine Wurzeln kappen: das tut man nicht leichten Herzens und schon gar nicht aufgrund eines Traumes, einer religiösen Eingebung. Abraham war ein lebenserfahrener Mann, kein junger Heißsporn. 75 Jahre war er alt, so die biblische Tradition. Da sehen viele eher zu, dass sie ihren Lebensabend genießen, auf ihre Erfolge zurückblicken und die Zukunft mit ihren Unwägbarkeiten den Jüngeren überlassen. Da hat man sich eingerichtet im Bleiben.

Was also mag Abraham bewegt haben, aufzubrechen, alles hinter sich zu lassen?

Als historisches Individuum ist Abraham nicht greifbar. Er ist vielmehr eine Gestalt, an der beispielhaft deutlich gemacht wird, wie Glauben und Welterleben, Inneres und Äußeres ineinandergreifen müssen, damit es gut werden kann nicht nur für ein Individuum, sondern auch für die Gemeinschaft.

Immer wieder aufzubrechen, das gehörte Jahrhunderttausende für unsere Vorfahren zum ganz normalen Leben, das war überlebenswichtig für die Sammler- und Jägergemeinschaften. Sie brachen auf, zogen im Rhythmus der Jahreszeiten und auch bei klimatischen Veränderungen weiter, immer dorthin, wo sie Nahrung fanden und Wild, das sie erjagen konnten. Der Einzelne war – um zu überleben – auf die Gemeinschaft, die Sippe, angewiesen. Und die Sippe profitierte davon, wenn der Einzelne eine neue Idee hatte, z.B. für ein besseres Werkzeug oder weil er entdeckt hatte, dass eine bestimmte Pflanze gegen Schmerzen half. Geben und Nehmen gingen Hand in Hand, mussten Hand in Hand gehen, sonst hätten unsere Vorfahren nicht überlebt. Und es gab damals große Krisen, das hat die Paläontologie herausgefunden: Eiszeiten, heftigste und gigantische Vulkanausbrüche, Dürrezeiten und Flutkatastrophen.

Das änderte sich erst im Neolithikum vor etwa 17.000 Jahren, als die Menschen sesshaft wurden, weil sie gelernt hatten, Ackerbau zu betreiben, vor allen Dingen Getreide anzubauen. Sie bauten Häuser, zogen Grenzen, bauten Mauern, besitzanzeigende Worte begannen ihren Siegeszug: ich, mein, Eigentum, das gehört mir, darauf habe ich Anspruch.

Was für das Individuum galt, galt auch für die Gemeinschaft: jede Gemeinschaft verteidigte ihren Anspruch gegen die anderen. Bald waren aus Siedlungen befestigte Städte geworden. Männer taten sich zusammen, nicht um auf die Jagd zu gehen nach Wild, sondern die Beute waren Menschen, die sie nicht nur beraubten, sondern versklavten, denn Landwirtschaft und Bauwesen brauchten immer mehr Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Geschichte vom Turmbau zu Babel entführt uns in diese vergangene Zeit. Es war für Menschen, die noch eine Erinnerung an das freie, gemeinschaftsorientierte Leben hatten, keine Verlockung, sich in den Machtbereich der aufstrebenden Städte zu begeben; sie zogen das Nomadenleben vor. So erzählt die Bibel, dass schon der Vater von Abraham aus dem Umfeld der ersten „Megacity“ Ur im Zweistromland weggezogen war, um sich in Haran niederzulassen. Sein Sohn Abraham brach dann von dort ebenfalls auf, der Patriarch einer Nomadensippe, der von und mit seinen Tieren lebte, immer auf der Suche nach Wasserstellen und Weidegründen für seine Herden. Die so bekannte Formulierung vom „Land in dem Milch und Honig fließen“ meint kein Schlaraffenland, sondern bezeichnet einfach die Offenheit des Landes, in der Milchvieh genügend Wasser und Futter findet und die Nomaden auch den Honig wilder Bienen als Leckerbissen finden und „ernten“ konnten. Aufbrechen und weiterziehen brauchte das Vertrauen, dass es hinter dem Horizont gute Lebensmöglichkeiten für sie gab, das Vertrauen, dass die göttliche Macht, die das Leben in der Welt ermöglichte, sie begleitet und sie beschützt. Es war ein Weg, der Vertrauen und Mut verlangte.

Lied „Vertraut den neuen Wegen“

Lesung Lk.9,57-62

 

Predigtmeditation II : „Jesus von Nazareth: Aufbrechen und das Reich Gottes in der Welt Gestalt gewinnen lassen“

Auch Jesus von Nazareth war aufgebrochen, hatte die Sicherheit und Geborgenheit in seiner Herkunftsfamilie und seiner Heimatgemeinde verlassen und war als Wanderrabbi durch die Dörfer und Landschaften rund um den See Genezareth unterwegs gewesen. Sein Ziel war kein fernes Land, ein Exodus wie bei Abraham oder Mose war damals schon nicht mehr möglich: der Macht der Römer konnte man sich nicht räumlich entziehen. Jesus wusste das. Aber man konnte seine Haltung, seine Maßstäbe, sein ganz alltägliches Leben an anderen Werten ausrichten als nach denen der Machthaber und so von innen her das Äußere, die Welt verändern. Dafür steht Jesu Evangelium vom Reich Gottes. Ein Reich nicht von dieser Welt, aber in dieser Welt, das den inneren und äußeren Menschen als Individuum und in der Gemeinschaft herausfordert: Nicht Geld und Macht, Ansehen, Erfolg und Ruhm waren die Fundamente dieses Reiches, sondern Barmherzigkeit und Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe. Jesus rief zur Entscheidung auf, die er auch sich selbst auferlegt hatte: Auszug aus den alten Sicherheiten und konsequenter Aufbruch in ein neues Leben mitten in der alten Welt. Ein Wagnis für jeden. Jesus wusste: allein kann er diesen Weg nicht gehen, kann kein Mensch diesen Weg gehen. Es braucht die Gemeinschaft derer, die ihn gehen. Alle Evangelisten erzählen in den ersten Kapiteln von den Berufungen der Jünger: Folge mir nach! Es braucht eine gemeinsame Sehnsucht nach diesem Reich Gottes, nach diesem anderen Zusammenleben auf dieser Welt, die Freiheit vom Streben nach Geld, Macht und Ansehen, die Freiheit der Kinder Gottes, die sich alle auf Augenhöhe begegnen als Brüder und Schwestern des himmlischen Vaters. Eingeladen zur Nachfolge ist jede und jeder – auch Menschen mit Vergangenheit. Jesus denkt die Thora weiter, öffnet sie sogar  - wenn auch etwas zaghaft – für Menschen anderer Völker. Ein Anstoß, den erst der Apostel Paulus dann konsequent auch gegen Widerstand in den eigenen Reihen umsetzt. Alle Menschen - egal welcher Religion und kulturellen Prägung können am Reich Gottes Anteil haben – in der tätigen Nachfolge. Durch die Liebe Gottes werden alle in eine neue Beziehung gestellt – zu sich selbst und zu den Mitmenschen. So hatte es Jesus bei seiner Taufe erfahren: „Du bist mein lieber Sohn.“ Diese Wertschätzung wog für ihn mehr als alles andere und sie gab ihm Mut, im Vertrauen auf Gott seinen Weg zu gehen.

Lied „Leben aus Glauben“

Predigtmeditation III „Vom Wagnis des Glaubens heute“

 

Der Ruf zur Nachfolge gilt auch uns heute – in unserer Zeit und unter den Bedingungen, wie sie eben sind, sind wir aufgerufen, Bauleute am Reich Gottes in dieser Welt zu sein.

Leider hat die entstehende Kirche dieses Evangelium Jesu weichgespült und geradezu übermalt mit einem Evangelium von Jesus Christus, der uns durch seinen Kreuzestod erlöst hat und uns nach dem Tod im Reich Gottes im Himmel in Empfang nimmt.

Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Jesus wollte Mitstreiter und Mitstreiterinnen. Nachfolge ist nicht, mit gefalteten Händen und gesenktem Blick an Jesus zu glauben. Jesus wollte Glauben in dem Sinne, dass wir darauf vertrauen: es lohnt sich, sich für das Reich Gottes, für Recht, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Wahrheit und Liebe mit aller Kraft einzusetzen. Er wollte tätige glaubende Mitstreiterinnen und Mitstreiter. „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit!“ und „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist.“ und „Seid ganz / vollkommen, wie auch euer Vater im Himmel ganz / vollkommen ist.“ Seid es heute und hier, denn heute und hier ist eure Zeit und euer Ort, um zu leben und zu handeln. In dieser Zeit und Welt sind wir Menschen gefragt, das Leben aller besser, gerechter zu gestalten. „Salz der Erde und Licht der Welt“ – das sollen, das müssen wir sein und das können wir auch sein, wenn wir es nur wirklich wollen und uns in Bewegung setzen – wie Abraham, wie Jesus – raus aus der Komfortzone, runter vom Sofa, ins Risiko gehen. Wie Dietrich Bonhoeffer erkannt hatte: Worauf es in unseren schwierigen, verworrenen Zeiten ankommt, was uns als Christen aufgegeben ist, das ist zu beten – d.h. mit Gott in stetem Austausch zu sein – und das Tun des Gerechten.

Es braucht Mut zu einem tätigen Leben in der Welt, den Mut, der eigenen Verantwortung für das Leben auf dieser Welt am je eigenen Ort und mit den sich jeweils bietenden Möglichkeiten nicht auszuweichen, eben zu leben als gäbe es Gott nicht; denn Gott wird hier auf der Erde nicht unseren Mist und Müll wegzaubern.

Gleichzeitig dürfen wir aber wie Jesus wissen, dass man in allem Bemühen, welches immer beides in der Folge hat: Erfolg und Scheitern, dass wir in all diesem umfangen sind von dem, der das Universum geschaffen hat und erfüllt, 

inspiriert von der Geistkraft, die ewig neu und immer überraschend Erkenntnis schenkt und Wege eröffnet, die mehr und besseres Leben für alle möglich machen.

Glauben ist das Zusammenkommen von de-mütigem Denken und groß-mütigem Handeln aus einem weiten Herzen,

das sich der Liebe verpflichtet sieht gegenüber allem, was ist.

Was heißt das konkret?

Die Geschichte zeigt, dass die Werte, um die es geht, damit alle Menschen auf dieser Welt in Gerechtigkeit, Freiheit und in Würde leben können, am besten in demokratisch verfassten Gesellschaften zum Tragen kommen. Darum erfordert für uns der Einsatz für das Reich Gottes den Einsatz für unsere Demokratie auf allen Ebenen verbunden mit dem Widerstand gegen alle Kräfte, die sie zerstören wollen.

Und genauso sind wir aufgerufen, im Einsatz für das Reich Gottes zum Einsatz gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. In unserer Gesellschaft heißt das vor allem, bereit zu sein, sich zurückzunehmen, es sich genügen zu lassen mit dem, was allen Menschen auf der Erde eine Lebensperspektive offenhält. Der Leitgedanke muss sein: was kann die Erde sich noch leisten – an Raubbau und Umweltbelastungen durch unseren Lebensstil – um weiter Heimat für die Menschheit zu sein? Und nicht: Das wird man sich doch noch leisten können.

Hören wir heute neu auf den Ruf, mit dem laut dem Markusevangelium Jesus seinen Weg begonnen hat: Das Reich Gottes ist nahe! Kehrt um und glaubt an das Evangelium, vertraut dieser guten Nachricht: Ein anderes Leben ist möglich, das Reich Gottes fängt mitten unter euch an.

 

Lied „Unser Gott hat uns geschaffen“

 

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Gen.12,1-4a

Der HERR sagte zu Abram:

„Verlass dein Land, deine Verwandtschaft und das Haus

deines Vaters! Geh in das Land, das ich dir zeigen werde!

Ich will dich zum Stammvater eines großen Volkes machen.

Ich will dich segnen und deinen Namen groß machen,

sodass du ein Segen sein wirst.

Ich werde die segnen, die dich segnen.

Wer dir aber Böses wünscht, den werde ich verfluchen.

Alle Völker der Erde sollen durch dich gesegnet werden.“

Da ging Abram los, sie der HERR es ihm befohlen hatte.

 

Lk.9,57-62

Unterwegs sagte jemand zu Jesus:

„Ich will dir folgen, wohin du auch gehst!“

Jesus antwortete:

„Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel ihr Nest.

Aber der Menschensohn hat keinen Ort,

an dem er sich ausruhen kann.“

Einen anderen forderte Jesus auf: „Folge mir!“

Aber der sagte:

„Herr, erlaube mir, zuerst noch einmal nach Hause zu gehen

und meinen Vater zu begraben.“

Aber Jesus antwortete:

„Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben.

Du aber geh los und verkünde das Reich Gottes.“

Wieder ein anderer sagte zu Jesus:

„Ich will dir folgen, Herr!

Doch erlaube mir,

zuerst von meiner Familie Abschied zu nehmen.“

Aber Jesus antwortete:

„Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut,

der eignet sich nicht für das Reich Gottes.“

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