Trinitatis, 15.06.2025, Mutterhauskirche, 2.Korinther 13,11-13, Jonas Marquardt
Predigt Mutterhauskirche Trinitatis - 15.VI.2025
2.Korinther 13, 11-13
Liebe Gemeinde!
Spring, sonst kommst Du nicht hin. – Schwer.
Nur ein Sprung, und Du bist da. – Leicht. ——
Das Einfache in seiner ganzen Tiefe.
Das Schwere ganz federnd.
Der Sprung, der als Brücke und Wagnis beides verbindet. …….
Diesen Dreischritt feiern wir heute. Den Dreischritt zu Gott. ——
Gott selbst ist Einer. Aber um Ihn in Seiner unergründlichen und unendlichen, in Seiner ufer- und maßlosen Tiefe und Weite, Höhe und Fülle zu treffen, müssen wir aus uns selbst heraus. Heraus aus der Enge und Erbärmlichkeit, heraus aus den Schranken und Grenzen unserer Herzen und Hirne. Heraus aus den Vorgaben und den Vorurteilen, in denen wir leben zu müssen meinen. Ohne die wir nicht glauben, sein zu können.
Doch wir können. … Wenn wir nur den Sprung wagen. Den Sprung über das Flachste und Gegenstandsloseste, den Sprung über das Dünnste und Haltloseste, den Sprung über das Leerste und Kraftloseste, das es gibt: Den Sprung über unsern eigenen Schatten.
Über den müssen wir.
Mussten alle. … ——
Wieso müssen wir über unsern Schatten springen, um Gott näher zu kommen?
Weil wir Menschen so viel über Ihn wissen, weil wir Ihm so viel vorgeben, so viel vorschreiben, so viel verweigern. Weil wir uns denken können oder eben für undenkbar erklären, wer und wie Gott sein dürfte. Und weil es uns jeweils - fromm oder kritisch, heidnisch oder orthodox – widerstrebt, Ihn einfach sein zu lassen, wie Er ist; Ihn anzunehmen, in allem, was Er anders will und anders kann als wir. Weil wir Gott beschränken, begrenzen und beschützen … und zwar einerlei, ob wir das bewusst wollen oder nicht.
Der Zweifel beschneidet Gott ebenso wie der kleine Glaube.
Das gescheite Bohren tastet Ihn ebenso an wie die gepflegte Gleichgültigkeit.
Der aggressive Atheismus macht sich seinen Nicht-Gott genauso töricht wie das religiöse Gemüt seinen Privat-Gott.
Alle wissen Bescheid, alle haben Recht, wenn es um die Gottes-Wahrheit geht. Und entsprechend tief scheinen daher die Schatten, die diese felsenfesten Überzeugungen, diese bombensicheren Gerüste der Weltanschauungen werfen. Über diese - täuschenden - Schatten, diese Gräben, die sich um unsere menschlichen Gewissheiten ziehen, ist es schwer zu springen: So fest haben wir uns verschanzt in den Gottesbild-Burgen. —
Das also ist die Landschaft, über die das Licht der Trinität aufstrahlt, das Licht der Offenbarung, wie Gott so anders ist, als man … als Mann und Frau und Kind und Greis und Jude und Heide und alte Griechen und erleuchtete Yogis und grobe Materialisten und digitale Eingeborene, und Nord und Süd und Ost und West, einst, jetzt und künftig sich Ihn vorstellen können.
Wichtig ist dabei aber nun, dass wir ehrlich bleiben: Dass wir nicht behaupten, uns sei dieses Licht längst aufgegangen. Wir hätten Klarheit und sähen hell. …
Der Glanz der Trinitätslehre, das ungeschaute und unerhörte, das unbegreifliche und überirdische Licht der Wirklichkeit Gottes übertrifft den Nebel unserer geerbten und gewohnten christlichen Vorstellungen genauso wie es alle anderen Ideen vom Göttlichen zu Schatten verblassen lässt, indem es sie in völlig neues, nie dagewesenes Licht rückt.
Gehen wir darum geschwisterlich und Hand in Hand mit allen anderen religiösen Suchenden durch dieses wilde Land, wie es in Gerhard Tersteegens berühmtem Pilgerlied heißt (vgl. EG 393,7).
… Sie alle tappen ja wie wir: Erkennen Bruchstücke und Umrisse der Wahrheit und benennen Richtiges im Schwarz-weiß-Modus unseres menschlichen Entweder-Oder-Denkens, das dann doch zu grauen Schemen wird, wenn die ganze Fülle und Herrlichkeit Gottes in Seiner unerklärlich andersartigen Eigenheit, in Seiner unreduzierbaren, unzähmbaren Vollkommenheit sich zeigt.
Gehen wir also mit den Geschwistern ins Licht Gottes hinein, um an ihrer Hand das Staunen und die Sprünge über alle Schatten, alle Grenzen hinweg zu üben. ——
„Das Göttliche, das ist so überreich und bunt: Das Göttliche, das sind die unzählbar Vielen“, sagen unsere hinduistischen Schwestern und Brüder. – „Springt!“, sagt da das Licht, vor dem die Schatten fliehen. —
„Gott, Allāh: Der ist bloß einzig und allein. Der ist nur Einer“, sagen die muslimischen Geschwister, die das bei unsern ersten Brüdern und Schwestern, dem Volk der Verheißung an Abraham gelernt haben. Und auch da: „Springt!“, sagt der Glanz, der mehr ist, als menschliches Wahrnehmen fassen kann. „Springt über die logische und über die biblisch selbst bezeugte Grenze, wenn ihr meint, man müsse Sätze sagen, in denen es heißt, Gott sei »nur« dies oder jenes.“ —
„Göttlich: Das ist das Jenseits aller Dinge, wo nichts mehr ist, wo alles sich von allem löst und endlich das lastenlose, leidenslose, freie Nichts beginnt“, sagen die Jüngerinnen und die Jünger Buddhas. – „Springt!“, lädt das Licht sie ein, und sein Strahlen ist voll. —
„Götter umgeben uns in jedem Lebewesen, jedem Ding“, sagen die Animisten und die Panentheisten. – „Springt!“, lockt das leichte Licht sie. —
„Gott, Der ist rationale Wahrheit und permanente Ewigkeit und universales Gesetz“, sagen die seriösen philosophischen Schulen. – „Springt!“, lacht das liebe Licht sie an.
„Gott: Das ist sie!,“ sagt der Verliebte. „Gott: Das bist Du!“, sagt mein Hund. „Gott: Das bin ich!“, sagt mein Ego. – „Ach, kommt schon! … Springt!“, sagt ihnen das wahre Licht, vor dem wir vergessen können, nicht nur, was dahinten ist und was vor Augen ist, sondern auch, was wir selbst zu sein scheinen. —
Gott ist nicht so, wie ihn die religiösen und intellektuellen und emotionalen Kräfte und Instinkte in uns formen.
Er ist auch nicht jener zur trivialen Floskel verkommene „liebe“ Gott des abgeernteten christlichen Nachsommers, den wir derzeit erleben, in dem alles nur noch wohltun und gut sein und an die noch herrschende Harmlosigkeit angepasst sein muss, die uns zur Zeit vergeht, weil das pseudo-christliche Russland und der jüdische Staat und das ehedem westliche Amerika - um nur unsere Nächsten zu nennen - alle zu unverhohlener Brutalität übergegangen sind, die mit der weichen Kuschel-Welt, aus der wir kommen, in härtestem Kontrast steht.
Und ganz gewiss ist Gott auch nicht der drohende und rächende und strafende Götze der Macht, als den Ihn Abend- und Morgenland so lange zu verehren wünschten, obwohl es Baal war, der da als Fetisch der mordenden Ritterscharen und Sarazenen, der Konquistadoren und Pickelhaubenträger durch Halbmond, Kreuz und Hakenkreuz bezeichnet wurde.
Aus allen diesen Schatten des Nebelweichen und der Donnerwolken, die menschliche Gottesbilder umgeben, müssen wir treten.
Über alle diese Grenzen der Gewohnheit - und des Glaubens! - müssen wir springen, um dem wunderbaren Anderen zu begegnen, Der Sich tatsächlich außerhalb der Ordnungen von Ratio und Religion offenbart.
Er ist nicht Einer nur. Keine Monade. Kein Block. Keine absolut abgeschlossene Einheit. Sondern Sein Sein ist unserem ähnlich … auch wenn wir das vielleicht aus Bescheidenheit, vielleicht auch nur aus Sturheit nicht annehmen wollen. Oder umgekehrt: Unser Sein, das niemals an und für sich existiert, ist dem Sein Gottes nachgeschaffen und nachgebildet. Wir sind Wesen der Vielseitigkeit: Adam ist Evas Grundlage, Eva ist Adams Vollendung. … Als Einer (1) und Eine (2) in dieser Verbindung (3) erst ist der Mensch ganz da. … Als Gott, die Grundlage und der Grundlegende und Der sich dem Grund Verdankende ist Gott erst ganz da: Die Liebe, der Liebende und der Geliebte: Dieses Miteinander ist Seine Einheit, und diese Einheit ist ein Miteinander!
… Bloße Zahlenkategorien – eins oder drei – können diesem Wunder nicht gerecht werden: Wir müssen Abstand von ihnen gewinnen und den Absprung schaffen
… Gott ist nicht einsam und kein Solist und doch in Seiner innersten Gegenseitigkeit nicht dividierbar: Diesem Geheimnis kommen alle näher, die es wagen, mit der alten Kirche und der Kirche heute an diesem Festtag der Freiheit von allen alten Grenzen aus allen Denkrahmen, die uns sonst Struktur verleihen, herauszufallen und die Arme auszubreiten im Segelflug nach oben, hinein in Gottes Vielseitigkeit, die niemals auftrennbar ist. ——
Diese Vielseitigkeit des Einen aber ist noch gewagter und man fällt noch höher und noch tiefer durch Räume und durch Wirklichkeiten, die sonst nicht miteinander kommunizieren, wenn man auf den abenteuerlichen Flügeln der Trinitätslehre schwebt.
… Gott gehört zum Guten. Er ist der Ursprung und der Reim des Guten. Er ist das Wesen und der Weg des Heiles und des Heilens. Er ist dem Himmel und dem Leben vorbehalten: So mag man glauben.
Doch die, die sich Gott anvertrauen so, wie das Evangelium Ihn bezeugt, erleben eine ungeahnte, eine rettende Krise solchen guten Glaubens: … Gott ist dem Schlechten nicht fern, wie sie meinten. Er ist dem Bösen nicht als dessen logisch entgegengesetztes Gegenteil entzogen. Es gibt keinen unüberbrückbaren Abstand zwischen dem Heiligen und der Hölle!
Gott ist nicht das Böse, aber Er erleidet es. Er ist zwar ewig, aber Er lässt sich von der Sterblichkeit nicht trennen. In Ihm ist Vollkommenheit, aber jeden Verlust und jeden Schmerz, jede Verletzung und jede Wunde hat Er auf Sich genommen, in Sich gefasst. …….
Und das … nun, das bedeutet etwas, an dem alle Gottesgedanken und Gottesbilder und Gottesbotschaften und Gottesgesetze sich auflösen. So dass allen, die Gott suchen, nichts anderes bleibt, als Ihn aufzugeben, wenn sie Ihn nicht verlieren wollen.
Gott „an Sich“ muss man aufgeben.
Gott allein, Gott im Jenseits, Gott nach allen Lehrbüchern und Urkunden und Inspirationen muss man aufgeben. Wer Ihn suchen will, wird Ihn nicht finden, … es sei denn, er suchte nicht am Menschen vorbei.
Und das ist der letzte Sprung. … Oder der erste und endgültige Sprung: Sprung in der Schüssel. Sprung übern Schatten. Sprung in die Wirklichkeit, die sich nur trinitarisch erschließt, wenn Gott nicht in Sich abgeschlossen, nicht transzendent und auch nicht mehr nur theologisch zu erfahren ist.
Es ist der Sprung, den ein paar Männer und Frauen aus Israel wagen mussten, nachdem sie mit Jesus gelebt hatten. Nachdem sie mit ihm gewandert waren und geteilt hatten, gegessen und gesungen, gelacht und gelauscht hatten. Nachdem sie ihn kennen- und liebengelernt und verloren hatten. Nachdem sie unvorstellbares Versagen und unvorstellbare Vergebung an sich und ihm erfahren hatten. Nachdem sie die verzweifelten und beschämten, die ungläubigen und verängstigten, die staunenden und erschrockenen und seligen und geisterfüllten und zungenredenden und herzbewegenden Zeugen dessen geworden waren, dass da tatsächlich, unglaublicher- und unerklärlicherweise, irrsinnig und doch eindeutig, Gott war!
Da war Gott, wo sie nie gewagt hätten, Ihn zu vermuten oder zu behaupten. Wo sie Ihn niemals gesucht und geglaubt hätten:
Schlafend im Sturm.
Weinend vor der Stadt.
Blutend zu Tode.
Abgehängt.
Begraben.
Als Mensch aus dem Reich des Todes auferstanden.
Als Mensch aufgenommen in den Himmel vor ihren Augen.
Und dann doch nicht entzogen und vergangen, sondern nach kurzer Unterbrechung nur umso unmissverständlicher als der Heilige Geist wahrhaftig und wahrnehmbar auch in ihnen. Geist, der nun ganz eindeutig zwar in ihren Organen und Regungen und Worten und Taten wirkte, aber doch ebenso unverkennbar lebte, webte, sprach und strahlte, liebte, schenkte, stärkte als die Geistesgegenwart Jesu. Und als der Jesus vergegenwärtigende Geist nun auf einmal die ganze Gottesgegenwart, die in Ihm wahrhaftig war und blieb, auch da in ihnen:
Die Liebe, die liebend und geliebt eine unteilbare Einheit für alle bedeutet: Da! Gott-Jesus-Geist. Da!
Das ist nicht mehr Judentum allein und ist doch auch nicht Heidentum. Das kann kein Rabbi und kein Orakel, keine Torah und keine Philosophie erklären. Man kann es nicht ableiten und nicht beweisen. Kein Hindu, mit dem Gespür für das Gesamte, … kein Buddhist, mit dem Sinn für die letzte Lösung, … kein kinderunschuldiges Weltvertrauen und keine totalsezierende Skepsis kann jemals dorthin vordringen oder sich das träumen lassen.
Es ist der letzte Sprung. Oder eher doch der erste und der endgültige. Weil er uns aus allen unsern Wahrheiten und Gegenwahrheiten in die reine Wahrheit springen, schweben, steigen, fliegen lässt …, in die Wahrheit, die in, über, unter und jenseits aller Wahrheiten ist.
Eine Wahrheit, in der es keine Anti-Wahrheit mehr gibt. Die keinen Ausschluss, kein Rechthaben mehr braucht. Weil niemand von uns alleine je zu dieser Wahrheit käme, und weil, wer sie ahnt, auch niemals alleine dort sein mag, sondern zutiefst erfährt, dass alle dorthin gehören, dass alle dorthin streben und kommen werden.
Weil Jesus der Eine für alle ist.
Er, in dem Gott ist, Den niemand dort gesucht und also auch nicht von sich aus gefunden hätte.
Und weil es eben der Geist Gottes Selber ist, Der dieses Da-Sein, diese Wahrheit auftut, ausströmt, verbreitet, schenkt und überall und tausendfach eröffnet. Auf Weisen und Wegen, die wir nicht einhegen, nicht be-sitzen, nicht behaupten können. Sie sind zu umfassend, zu vielseitig, zu grenzenlos.
Man kann nur ihre Weite und Fülle von fern ermessen … und springen.
Schiller und Beethoven hätten diese Offenbarung dessen, was jedem Menschen gilt und alle verbindet, mit dem berühmten Überschwang ihres „Diesen Kuss der ganzen Welt!“ beantwortet.
Und Paulus hat es nicht anders getan.
Sein großer Sprung ins trinitarische Meer der Versöhnung aller Gegensätze, der Überwindung und Verbindung alles bei uns Einander-Ausschließenden hat uns heute geleitet und möge uns begleiten, bis wir die selige Dreieinigkeit selber schauen:
Zuletzt, Brüder und Schwestern,
freut euch,
lasst euch zurechtbringen,
lasst euch mahnen,
habt einerlei Sinn,
haltet Frieden!
So wird der GOTT DER LIEBE UND DES FRIEDENS mit euch sein.
Grüßt euch untereinander – Muslime und Hindus, Buddhisten und Juden, Christen und Heiden – mit dem heiligen Kuss.
Es grüßen euch ALLE Heiligen.
Die GNADE unseres Herrn Jesus Christus
und die LIEBE Gottes
und die GEMEINSCHAFT des Heiligen Geistes sei mit euch ALLEN!
Amen.
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