Ewigkeitssonntag, 23.11.2025, 2. Kor. 1, 3–7, Tersteegenkirche, Horst Gieseler
Liebe Gemeinde,
hören wir Worte aus dem 2. Korintherbrief 1, 3–7:
3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, 4 der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. 5 Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. 6 Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden. 7 Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben. Amen.
Predigt: (2. Korintherbrief 1, 3 – 7)
Gott segne unser Reden und Hören, damit es Frucht trage. Amen.
Tröstende Worte des Apostel Paulus, liebe Anwesende heute Morgen, wie sie wir eben im Korintherbrief als Lesung gehört haben, Trost: Ja, es gibt Zeiten, da brauche ich Trost. Wenn ich am Ende bin, nicht mehr weiterweiß.
Und in der letzten Zeit kam es vor, dass Menschen zu mir kamen, weil sie Kummer hatten. Sie hatten den Verlust lieber Menschen zu tragen oder verzweifelten an ihrer Krankheit, die nicht heilen will.
Manch einer von uns geht heute zu den Gräbern seiner verstorbenen Angehörigen, andere sind hier im Gottesdienst, in dem der im Kirchenjahr Verstorbenen gedacht wird und ihre Namen verlesen werden. Da brauchen wir Trost.
Deshalb, meine ich, will ich heute Morgen über den Trost, das Trösten nachdenken.
Wenn es uns schlecht geht, liebe Gemeinde, wenn wir den Verlust eines lieben Menschen zu beklagen haben, dann ist es gut, wenn da jemand ist, der einfach da ist. Jemand, der Zeit für ihn, sie und mich hat, mir zuhört und mit Ihnen redet.
Ich vermute, da geht es Ihnen nicht anders als mir. Doch vielleicht kennen Sie das auch: Es ist gar nicht so leicht, sich das selbst einzugestehen. Wir wollen doch stark sein, auch wenn der Verlust schmerzt. Kopf hoch, sagen wir uns, oder: Damit muss ich allein fertig werden. Und ich fürchte, das kommt öfter vor, als uns lieb ist. Aber so verdrängen wir, dass wir selbst auf Trost angewiesen sind. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass das Wort "Trost" in unserem Alltag oft so abfällig benutzt wird.
Vom "Trostpflaster" reden wir manchmal, vom "Trösterchen" oder vom "Seelentröster"; und wenn jemand aus der Rolle fällt, dann heißt es: Der ist wohl nicht ganz bei Trost. Es fällt kaum auf, wie man mit solchem Reden den Trost weit wegschiebt von sich. Doch hinter der distanzierten Fassade bleiben wir im Innern ungetröstet.
Bei kleinen Kindern ist das anscheinend anders. Wenn sie Schmerz erfahren haben und weinen müssen, dann suchen sie Trost. Sie laufen zu einem vertrauten Menschen, meist zur Mutter, lassen sich streicheln und glauben und vertrauen den tröstenden Worten.
Wir kennen das, ich nehme an, jeder hat sich schon so trösten lassen, und Sie haben auch schon andere getröstet. Aber nun sind wir groß und glauben den Vertröstungen nicht so leicht. Wie wir Liebe kennen und uns doch so oft nach ihr sehnen, so ist uns auch der Trost vertraut, und doch sehnen wir uns nach wahrem Trost.
Was denn bedeutet uns Trost? Oder wie sollen wir andere trösten?
Das Wort "Trost", liebe Gemeinde, kommt in dem kurzen Abschnitt aus dem 2. Korintherbrief gleich zehnmal vor. Das griechische Wort „parakalein“ wird gewöhnlich mit „trösten“ oder „ermahnen“ übersetzt, wörtlich: „entgegenrufen“. Am besten aufgehoben finde ich den Sinn in den Worten zusprechen, Zuspruch.
Und diese Aspekte, eben „trösten“ und „ermahnen“, sind nicht zu trennen, und beschreiben das, was heute „Seelsorge“ genannt wird. Zuspruch. Zusprechen. Das tut gut. Das brauchen wir – gerade auch in den Tagen, an denen wir trauern, wie heute Morgen, oder eine Krankheit nicht heilen will und große Schmerzen bereitet.
Immerhin, meistens haben wir wohl ein Gespür dafür, was falsche Vertröstungen sind. Wenn mir jemand nach einem schweren Verlust sagt: "Ist doch alles nicht so schlimm", dann merke ich: Das stimmt nicht, der nimmt meinen Schmerz nicht ernst. Genauso wenn er sagt: "Das wird schon wieder", oder: "Das haben wir doch alle schon einmal erlebt." Das jedoch ist falscher Trost, wenn jemand die Tiefe der Not oder des Schmerzes übergeht oder weg redet.
Erstaunlich, wie Paulus das sieht und Leid und Trost aufeinander bezieht: Wie Ihr an den Leiden teilhabt, so werdet Ihr auch am Trost teilhaben. Teilhabe!
Ja, wir wissen, was falscher Trost ist, aber können kaum sagen, was wahrer Trost ist, liebe Anwesende. Ja, wie wahre Liebe sich nicht beweisen lässt, so hat auch der Trost eine unverfügbare Mitte.
Denn ich kann Trost nicht machen. Das merke ich, wenn mir jemand sagt: "Vielen Dank, dass Sie da waren. Das hat mich sehr getröstet." ... und ich weiß gar nicht so recht, wie ich das bewerkstelligt habe. Mein Gegenüber aber hat Trost gefunden, über den ich nicht verfügen kann. Trost ereignet sich eben wie die Liebe.
Und noch etwas kann man sagen: Zum Trost gehört immer ein Gegenüber. Ich kann mir selbst keinen Trost zusprechen. Wohl kann ich beten, zu Gott, ihn um Trost bitten. Dann aber ist er mein Gegenüber.
Meistens jedoch sind es Menschen, die uns Trost geben können. Das allein ist nachhaltig. Eine alte Diakonisse hat einmal zu mir gesagt: "Anderen Menschen Trost geben kann ich nur, wenn ich selber getröstet bin." Zum Trost gehört eben nicht nur die unverfügbare Mitte, sondern auch das: Ich selbst muss getröstet sein, um andere zu trösten. Einfach gesagt: Wer selbst nicht bei Trost ist, kann auch andere nicht trösten.
Doch woher kommt mir Trost? Oder wie eigne ich mir diese Fähigkeit an, dieses Geben und Nehmen des Trostes?
Paulus spricht hier vom "Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott."
So finden wir bei Gott und in Gott den Ursprung allen Trostes. Trost ist eine Gabe Gottes. Wie Gott Liebe schenkt und Gnade, so schenkt er auch Trost.
Schon im Alten Testament, im Buch des Propheten Jesaja, kann man lesen, wie Gott sagt: "Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet."
So hat auch Paulus diesen Trost Gottes erfahren. In Korinth hatte er eine schwere Krise in seinem Wirken durchgemacht, das kann man im 2. Korintherbrief nachlesen. Gegner sind aufgetreten, die sich als stärkere Apostel produzieren. Sie werfen Paulus Fehler beim Aufbau und der Leitung der Gemeinde vor; ihnen gegenüber wirkt Paulus schwächlich. Und in dieser Krise erfährt Paulus für sich Gottes Zuspruch als Hilfe. Trost ist ihm ein Geschenk Gottes, das er nun selbst weitergeben kann.
Wie die Liebe, die wir erfahren haben, taub wird, wenn wir sie nicht weitertragen, so ist es auch mit dem Trost, liebe Gemeinde: Gottes Gabe ist der Trost, aber er lebt vom Weitergeben: "... damit wir auch trösten können mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott".
So ist die Kirche, sind wir, eigentlich eine Trostgemeinschaft. Von vielen Menschen wird das als die wichtigste Aufgabe der Kirche gesehen: Menschen in schweren Situationen zu trösten. Gerade wenn ein Unglück geschehen ist, suchen die Menschen Trost in der Kirche. Wenn die Welt nicht mehr ganz bei Trost ist, sucht man Halt und Geborgenheit im Zuspruch der Kirche.
Doch auch ich habe den Trost nicht einfach so parat. So bin ich als Seelsorger selbst auf den Trost angewiesen. Und auf diese Weise bleibt der Trost auch unter uns und unter Ihnen nur lebendig, wenn wir, Sie ihn immer wieder neu von Gott empfangen und einander weitergeben.
So erlebe ich es ja in meiner Kirchengemeinde und in meinem Lebenskreis: Solche Trostgemeinschaft wird und will gelebt werden. Gut, wenn wir diese Trostgemeinschaft miteinander teilen können.
Liebe Trostgemeinschaft heute Morgen, häufig geschieht Trost auch ganz unversehens. Als vor Jahren in einer meiner Schulandachten gesungen wurde: "Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar" - da bricht ein Mädchen in Tränen aus. Die anderen Schülerinnen und Schüler waren erst verwirrt und sagten lange nichts. In welcher Situation Bonhoeffer das Lied geschrieben hat, das wissen sie alle nicht, aber die Worte des Liedes haben bei der Mitschülerin etwas angerührt. Irgendwann danach in meiner Religionsstunde fängt sie an zu erzählen von der Trostlosigkeit bei ihr zu Hause und wie sehr sie sich wünscht, mal so etwas zu erfahren wie Geborgenheit. Die anderen sagen ein paar unbeholfene Worte dazu, nehmen sie in den Arm, doch das Mädchen spürt auf einmal und vielleicht das erste Mal: Das ist Trost. Und danach habe ich sie nach langer Zeit das erste Mal wieder lächeln gesehen, weil wir ein Teil ihrer Last auf uns genommen haben, einfach so.
So war es bei Hiob. Dieser Hiob h.at alles verloren, seine Familie, seinen Besitz, seine Gesundheit. Sein Name ist der Inbegriff des trostlos Leidenden schlechthin. Seine drei besten Freunde hörten von seinem Unheil, und verabredeten „hinzugehen, ihm zuzunicken und ihn zu trösten. Sie erhoben von fern ihre Augen und erkannten ihn nicht wieder und weinten, Sie zerrissen ein jeder sein Obergewand und streuten Asche auf ihr Haupt. Dann setzten sie sich zu ihm auf die Erde – sieben Tage und sieben Nächte lang. Keiner sprach ein Wort zu ihm, denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.“ Hiob 2, 11-13
Es ist offensichtlich: Wer Trost braucht, ist oft nicht wiederzuerkennen, fühlt sich unansehnlich. Aber Hiobs Freunde lassen sich nicht abhalten, setzen sich zu ihm in den Dreck. Keine Fragen, keine Ratschläge. Sie schweigen.
Aus der Hiob-Geschichte kann man lernen, womit Trösten beginnt! Trösten beginnt, dass man sich Zeit nimmt.
Zwei Dinge gehören also dazu, damit sich wahrer Trost ereignen kann: Das eine ist das schlichte Da-Sein für den Trostbedürftigen. Das andere darf folgen: das aufrichtende Wort.
Trost braucht dann eben auch Worte des Zuspruchs; Worte, die nicht trügen, sondern tragen. Eine Trostgemeinschaft können wir nur sein, wenn wir uns auch Worte zusprechen, die tragen können; Worte, die uns in aller Trübsal den Blick öffnen für die Hoffnung, dass alles gut sein wird.
Und für andere da sein können wir nur, wenn jemand da ist für uns. Darum ist das für mich das tröstlichste Bild im Leben und im Sterben: Jesus ist da, und mit offenen Armen sagt er: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken!" Amen.
Und der Friede Gottes, der ausgeht von dem Kind in der Krippe und dem Mann am Kreuz, höher denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Glauben und Hoffnung und Liebe. Amen.
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